Das wesentliche des jetzigen Zeitalters

Für jede dem Menschen vermeintlich konkret gemachte Errungenschaft, sei es die Sprache, die Kunst, die Wissenschaft oder die Philosophie, zeigt sich, wie der heutige Zeitgeist, in jeder dieser bemüht ist, sie so hoch zu potenzieren, wie nur irgend möglich. Die Vorgehensweise, wie diese Potenzierung stattfindet, ist jedes mal die Anwendung technologischer Erkenntnisse auf die Basis-Errungenschaft.

So ist das Internet höher potenzierte Sprache, Quantenphysik höher potenzierte Metaphysik, und in den Künsten und der Philosophie an sich zeigt sich eine zum scheitern verurteilte Potenzierung; so in der Musik, welche in der heutigen populären Form zwar das Gemüt so intensiv und vielfältig wie nie zuvor affiziert, in der Idee eines Abbildes der Natur aber vollkommen unbefriedigende Leistungen zeigt; Bilder und Gemälde die in der Informatik zu höher potenzierten Kunstwerken hervor gebracht werden, leiden ähnlich wie die Musik an mangelnder Naturnähe. Die Modellierung im Computer hat als Pardon der niedriger potenzierten Variante der Steinhauerei den Mangel, das die Anschaulichkeit nicht konkret möglich ist; aber andererseits auch den Vorteil der unbegrenzten Ressourcenausnutzung, und der Unabhängigkeit von physikalischen Gesetzen hat. In der Dichtung lassen sich schnell die Aphorismen als höher potenzierte Werke ausmachen, die nur den Reim verloren, aber Rhytmus behalten haben sollten, was sie eben einem höheren Potenzial aussetzt. In der Lyrik im Allgemeinen, also dem Drama, der Tragödie, der Idylle und der Romanze sehen wir als höher potenziertes Werk leicht den Film; also die Folge von Bildern und also von Empfindungen, welches der Urzweck der Lyrik ist. Für die Befriedigung der metaphysischen Bedürfnisse, und der Religion, und weiterhin für die Betäubung der Erkenntnis dieser, ist das Fernsehen in die Erscheinung des Zeitalters getreten. Die Potenzierung der Moral zeigt sich, genau so wie die der Kultur, in einem sich in vollkommenen heterogenen Umgebungen, die sich aneinanderreihen, ausdrückendem Perspektivismus der Wertschätzungen, welche letztendlich nicht immer friedlich ablaufen. Hier lässt sich ebenfalls die gesamte Potenzierung des Denkens über Rassen, Charakter und Politik, oder kurz, Ideologien, beobachten. Im sportlichen Bereich sehen wir einerseits jene Sportarten, in der sich Fraktionen miteinander messen in riesigen Arenen und Stadien über die Bühne gehen, deren Resultate die ganze Welt in Atem hält, und andererseits bei den Einzelsportarten ein Entwicklung in die urbane Umgebung der Zivilisation, durch Sublimierung jener Symboliken und Motive, sich entwickeln. Als letztes Beispiel gebe ich nun noch die Potenzierung des Glaubens an Zählbarem, Messbaren, welches nun bestrebt ist, die Individualität des Menschen zu leugnen und den Menschen eben zu meßbaren Kapitalgut, durch Gleichschaltung der Schulen und den Vorraussetzungen des Kapitals, zu züchten.

Das nun wesentliche am Technologie-Zeitalter nun also ist, das ein jeder Mensch bestrebt ist, Dinge zu potenzieren, was nun nichts anderes ist, als in Sphären oder Größenordnungen einzutauchen, dessen Potenz zuvor mit der ursprünglichen Idee nicht möglich war. Damit befindet sich die Menschheit in einem Verfeinerungsprozess. Die Wurzel dessen, aus dem hier potenziert wird, wurde jedoch seit dem Anfang des Intellekts hindurch gezogen; so das wir noch immer die Laster der alten Zeitalter, als Dogmen, Mythologien und Torheit in uns tragen. Der Mensch ist also - an sich - das gleiche wie vorher, nur auf einer anderen Potenz.

Ob der Bauer bei Kerzenlicht einen Brief auf Papier formuliert, der sein Empfänger eine Woche später empfängt, oder ob der Jugendliche auf der Tastatur eine Nachricht schreibt, die eine viertel Sekunde später ankommt, ist die gleiche Idee, nur unter anderen Stufen der Potenzierung, sowie es auch an allen anderen genannten Beispielen zu prüfen ist, und sicherlich auch hunderte mehr zu finden sein würden. Die Phänomenologie des Geistes* zeigt sich also als starres Sieb, dessen Wasserdurchfluss zwar erhöht wird, aber dessen Form die gleiche bleibt.

Überhaupt will ich hier die vorsichtige, weil gewagte, Beobachtung offenbaren, das, nach dem der Mensch sich durch Industriualisierung den Raum, also den Planeten, auf seine ihm typische Weise Untertan gemacht hat, nun im folgenden Zeitalter, dem unsrigen, sich auf die Zeit besinnt, und eben Methoden, diese zu erobern, sucht. Alles muß schneller und effektiver Geschehen, egal ob Mensch oder Maschine. Weiterhin ist mir bei allem Grübeln doch nichts aufgefallen, was unser Zeitalter bisher hervorbrachte, und eben nicht eines solchen Herr-werdens über intellektuelle Phänomene (Raum, Zeit) zum Motiv hätte.

*Hat nichts mit Hegel, dessen gleichnamiges Buch noch immer in meinem Hänger verschweisst auf die Vivisektion wartet, zu tun.

4 Kommentare:

  1. so mein lieber, jetzt wird's ernst:

    am 3.5. findet also das seminar statt. der titel des seminars: "vom zauberhaften schein der oberfläche: konzepte von realismus und immersion in video- und computerspielen"
    inhalt der stunde wird folgender sein:

    - Zur Geschichte des Interface
    - Eingabe / Ausgabegeräte
    - Partizipation der Sinne

    wenn du interesse hast, schreib hier irgendwas in der art, dann sag ich dir auch, wo du hin musst etc. und danach ab zur philo-party!

    greets - nils

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  2. Ja ja ja! Interesse! Nenn Raum und Zeit, dann komm ich vorbei.

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  3. 10:15 bis 13:45
    GABF 04/611
    findest du das? ansonsten fragen!
    dann bis donnerstag.

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  4. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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