Sentenzen II

-1-

Philosophen üben sich im Lesen zwischen den Zeilen - oder hinter oder unter den Zeilen. Gelobt sei der Philosoph, der auch über den Zeilen noch Botschaft vermittelt.

-2-

Philosophie wird nie so simpel sein, dass es anzustreben wäre, zeitlos, oder für alle Zeiten zu schreiben. Dies sei dem Dogmatiker vorbehalten.
Zeitlos wird erst die Summe aller Stile der Philosophen beizeiten, denn zeitlose Philosophie ist ohnehin Sprachlos.

-3-

Der unparteiische, gleichgültige wird bei Debatten zum größten Lügner

-4-

Gedanken müssen tief gekühlt werden, damit sie vorm Verspeisen nicht schlecht werden.

-5-

Die Freude an einem Gedanken sollte noch mehr ansporn zum Denken geben, als das Mißtrauen.

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Woher nimmt des Messers Schneide seine Gerechtigkeit? Er nimmt es aus seiner Unschuld. Der Stift ist seiner Philosophie auch unabhängig.

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Jeden Tag ein Schlag ins Gesicht beim Lesen der Werke anderer Philosophen - wer das erntet, wird sich Formen; formen zu einem besseren Philosophen als alle, die er gelesen hat.

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Bei dem zur Konversation gezwungenen Freigeist ist es weniger das Gefühl der Erhabenheit, des auf-dem-Throne-sitzens, als viel mehr das Gefühl der Verausgabung, des aus-dem-Grabe-steigens, der ihm den Antrieb zum werfen seiner Argumente gegen die Mauer der Menschlichkeit gibt.

-9-

Wenn der Gedanke der soeben erst aus seiner Saat empor wuchs, noch als Winzling auf das Schlachtfeld der Macht oder der Wahrheit aufgestellt wird, so soll man sich nicht wundern, wenn er zertrampelt wird - anstatt das er aus seinem Schäden stärker wachsen könne. Freude empfindet der Freigeist, ja sogar der nüchterne gebundene Geist in beiden Situationen, einzig der Freigeist weint bei Erfolgen auf dem Schlachtfeld, um mit seinen Tränen neue, stärkere Gedanken zu ernten.

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Es wurden schon die abstraktesten Ängste erfunden, um seine Triebe zu legitimieren. Hoch im Kurs stehen Schizophrenie, Vereinsamung, Scham oder Schmerz.

1 Kommentar:

  1. man kann nicht jedermanns Geschmack treffen, aber man kann jedermann kritisieren damit der Urheber eines Werkes weiss, welche Zielgruppe seine Werke mögen.

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