Über meinen Narzissmus

Es mag von ganz schlechtem Stil sein, wenn man als Narzisst über seinen eigenen Narzissmus schreibt, ja überhaupt sich als Narzisst zu bekennen. Jede Psychoanalyse, die man auf sich selbst richtet, ist bei allerbestem Urteilsvermögen aber doch immer falsch. Betrachtet man Narzissmus als Krankheit, so könnte solch ein Selbstbekenntnis doch eine Legitimation für alle Taten, die man tut, und alle Schriften, die man veröffentlicht, sein. Ich sehe das anders, und fände es doch schade, wenn man diese gesunden, selbststärkenden Eigenschaften in die Ärzte und Psychiater-Institutionen steckt. Ohne Träume und überheblichen Einbildungen und Vorstellungen der eigenen Leistungskraft würde doch ein ständiger Zweifel an den Behauptungen und Überzeugungen des Autors haften. Trotz dem Übergewicht anderer Argumente auf seiner Meinung harren - das zeigt mir eine gesunde Form von Patriotismus. Selbst im lächerlichsten, absurdesten Fall ist eine Behauptung für den Autor wahr, und an dieser Wahrheit hat nicht leicht ein anderer das Recht. Die Historie zeigt, dass narzisstische Eigenschaften bei allen großen herrschenden Volksführern vorhanden waren, und nötig waren. Zieht ein ganzes Volk mit, so ist dies doch nur eine weitere Bestätigung der Meinung, und kann somit, bei aller Kritik, nicht falsch sein. Alle meine Meinungen, die von mir nicht deutlich als Ironie dargestellt wurden, sind meine Wahrheiten. Nietzsche schreibt*, es gäbe etwas Unbelehrbares "ganz da unten", einen vorherbestimmten Katalog auf Fragen und Meinungen. Welch grausame, brutale Form der Entartung geschieht denn, wenn man versucht zu überzeugen, zu diskutieren! Was Faschisten taten und tun, ist anderer Form der Grausamkeit; denn hier wird der Pöbel instrumentalisiert und Pöbel wäre nicht Pöbel, wenn sie etwas "Unbelehrbares" hätten. Ideologien greifen übers Volk, aber niemals über Gelehrte. Ich belüge mein Schicksal und entarte, würde ich fremden Meinungen zustimmen. Weiterhin kann ich nicht leugnen, daß ich schreibe, um gelesen zu werden. Ich fühle mich gerne beobachtet und ich mag es, wenn man mir beim Grübeln über ein Rätsel oder einer Überwindung in meinem Leben, zuschaut. Kaum verbringe ich Zeit mit mir alleine, vielleicht fürchte ich mich davor. Welch wundersame und eklige Sachverhalte und Verhaltensmuster ich schon bei mir, in mir, fand, sobald ich nur mal kurz mit mir alleine bin und mich mit mir selber unterhalte. Aussen suchte ich lange, nun sollte ich mich Überwinden, In mir zu suchen. Wahnsinn und Genie sollen doch nahe beieinander liegen, so bin ich doch gespannt, was mich auf meiner Suche, jenseits meiner aufgezwungenen alltäglichen Robotik, erwartet. Das ich mit meiner elendigen Mittelmäßigkeit nicht weiter fortfahren kann, soviel sei mir Gewiss.

* Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, Kapitel 7, Absatz 231

3 Kommentare:

  1. Zu der Sache mit dem Zweifel: Er trennt redlich Intellektuelles von megalomanischen Albernheiten. Wahrheiten, die solche sind, können gefahrlos in einen ausgiebigen Disput gestellt werden. Sie sind in gewisser Weise unangreifbar und unmittelbar evident. Oder würdest du dich von jemandem argumentativ attackiert fühlen der konstatiert, ein menschlicher Köper verhalte sich beim Aufbrall auf eine Autobahn einem Flummi ähnlich ? Ein sturköpfiges, uneinsichtiges Beharren auf dem eigenen Standpunkt ist demnach eher als Unsicherheit bezüglich der eigenen Meinung anzusehen.
    Was ich mcih auch gefragt habe: Nimmst du hier ausschließlich auf dich als Autor Stellung ? Denn nehmen wir diese Passage: "Trotz dem Übergewicht anderer Argumente auf seiner Meinung harren - das zeigt mir eine gesunde Form von Patriotismus" - Würdest du es auch als eine Form von gesundem Patriotismus bezeichnen, wenn jemand behauptet, Necrophilie (o.ä.) sei eine ehrenwerte Neigung? Bedenke, dass angesichts der kaum überschaubaren Pluralität von Weltanschauungen die deine ebenso pathologisch einzuordnen sein könnte (!).
    "Ich fühle mich gerne beobachtet und ich mag es, wenn man mir beim Grübeln über ein Rätsel oder einer Überwindung in meinem Leben, zuschaut" - Hier zeigt sich eine interessante Paradoxie in deinem Text: Jemand der Zuschauer braucht, strebt nach einer Form von Bestätigung und/oder Identitätssicherung, und sei es nur in Form von Abgrenzung zu Anderen. Die zuvor beschriebene Nonchalance gegenüber andersartiger Meinungen scheint damit untergraben...
    Zu deinem selbstbezeichneten Narzissmus im allgemeinen: Vielleicht auch eine Art von verdrängtem Selbstschutz zur Verschleierung von Ungewissheit? Denk mal drüber nach, denn wie du selber sagst: "Wahnsinn und Genie sollen doch nahe beieinander liegen"

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  2. Wenn jemand "Necrophilie (o.ä.)" als
    "ehrenwerte Neigung" bezeichnet, ist es eine unmoralische, unsittliche Wertung, die für ein Individuum jenes Types vollkommen gerechtfertigt ist. Ein Richter wird hier immer nur mit dem Hammer der Moral entscheiden können, dieses Individuum in seiner Triebauslegung zu hindern; seine Berufung liegt hier in der Ausblendung von Wahrheiten, die aufgrund von Tradition als abartig und krank bezeichnet werden. Diese Wertung wiederrum könnte, im Fall von Necrophilie vielleicht, ähnlich dem Fall von Homosexualität, an Mangel an Verständnis des sexuellen Verständnisses des gerichteten, stammen. Im Fall von Pädophilie ist es wohl die beobachtete "Störung" in der Entwicklung der heranwachsenden Kinder, die das Kriterium eines Urteils hergab.
    Worauf ich hinaus will: Das abartige Gefühl gegenüber Pädophilie oder Necrophilie ist ausschliesslich ein emotional-moralisches Urteil, bei denen alle Argumente zu einer Rechtfertigung von richterlichen Urteilen auf subjektiven (Volks)-Meinungen beruhen. In Betracht einer alternativ-ästhetischen Weltanschauung sehe ich beide Arten als vollkommen legitim.

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