Macht verpflichtet zur Entwicklung

Immer wenn ich es wage, einen tieferen Blick auf unsere décadente Gesellschaft zu werfen, wende ich meinen Blick meist voller Ekel und Traurigkeit ab. Was mich am meisten stört, ist nicht, das eine solche Gesellschaft in mein Leben tritt, sondern, das ich langsam erkenne, das ich selbst ein solcher décadent bin, und mich in keiner Weise anders kultiviere, als die Herde.

Mit der Einsicht, das mein Ekel und meine Trauer also nicht von Aussen erweckt wird, sondern ich selbst es bin, der mich anekelt und traurig stimmt, fällt es mir leichter, das Schicksal der Herde zu akzeptieren. Sich bei seiner Kultivierung willenlos zusehen, ist ein Zeichen der Schwäche, und macht aus einer Persönlichkeit nichts anderes als ein reaktionäres Wesen.

Ich kann es immer wieder kaum fassen, wie menschlich ich bin. Als ich anfing, über diese Thematik nachzudenken, wendete ich mich mit ganzer Kraft zum Gegenideal - dem unmenschlichen, gefühlslosen Geistwesen hin. Ich verstand da etwas Grundsätzlich falsch; denn nicht gegen mein Menschliches soll ich streben, stattdessen muss ich mich über diesem erheben und es nutzen, wie ein Arbeitgeber sein Personal nutzt. Askese ist ein Lebensfeindliches Prinzip.

Es wird bald eine große Zeit für mich kommen, denn alle verpflichtenden Institutionen, die die Europäisch/deutsche Kultur einem angehendem Individuum als Hürde setzt, werden von mir verdaut sein. Ein wenig Genesungszeit von einigen Monaten, und es wird sich zeigen, ob es mein Wille ist, in dieser Form der Zivilisation, die mir in diesen Breitengraden zu diesem Zeitalter geboten wird, sesshaft zu werden und meine Lebenszeit zu absolvieren - unter décadenten Menschen.

Die durchaus vorhandenen Individuuen, die mich Träumen lassen von lebensbejahenden Kulturen - sind für mich nicht ausschlaggebend. Ich kenne die Vorraussetzungen, unter denen sich unsere jetzige Kultur entwickelt hat. Nun will ich erraten, wie sich eine Kultur, wie ich sie mir vorstelle, im menschlichen Geist entwickeln muss, damit ich sie für mich lebe.

Dies als Vorrede für den Versuch einer Erklärung der Beweggründe für meine einsame Selbstfindungs-Reise.

1 Kommentar:

  1. Abend.

    Gestatte meine Meinung:

    >>Sich bei seiner Kultivierung willenlos zusehen, ist ein Zeichen der Schwäche, und macht aus einer Persönlichkeit nichts anderes als ein reaktionäres Wesen.<<

    Du stellst das so hin, als gäbe es nur Schwarz und Weiß. Doch es gibt mehr als zwei Zustände, dort sind Graustufen. Denn ohne einen kleinen Grad an Kultivierung ist Leben nicht möglich. Die Gesellschaft, die eine gewisse Kultivierung verkörpert, würde es nicht dulden.

    >>Ich kann es immer wieder kaum fassen, wie menschlich ich bin.<<

    Du meinst 'sozial', nicht 'menschlich'. Die Gesellschaft an sich, in ihrer Dekadenz und Selbstherrlichkeit ist nicht 'menschlich' - Es ist nur noch eine alptraumhafte Perversion des Wortes im eigentlichen Sinne. Wobei ich zugeben muss, dass der 'eigentliche Sinn' doch von eben dieser Gesellschaft geprägt wurde und nur sehr subjektiv benutzt werden dürfte.
    Persönlich impliziere ich mit 'Menschlichkeit' durchaus etwas Positives, auch wenn das bedeutet, dass das Wort dadurch jeglichen Nutzen verliert.

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