Reisebericht 10: Paris [Teil 1/3]

Dieser Reisebericht ist, um von Herberts monotonen Reiseberichten etwas weg zu kommen, von mir, der Elli, geschrieben:

Endlich sind wir nun an unseren zweiten, grossen Zwischenstop angekommen, Paris!
Doch so einfach wie wir uns es anfangs vorgestellt hatten, so einfach mit den Fahrrad in Paris hineinzuspazieren, war es natürlich nicht. Wer sich Paris mal auf einer Karte genauer angeschaut hatte, dem müßte aufgefallen sein, das sich um Paris ein dickes verstricktes Verkehrsnetz befindet. Und der Großteil der Straßen fette Autobahnen oder Bundesstraßen sind, die man unmöglich mit dem Fahrrad bewältigen konnte. Also mußte eine Lösung für das Problem her. In Meaux fanden wir im Internet eine Seite eines deutschen Radfahrers, der schon vor uns diese Strecke fuhr und es, Glück für uns, aufschrieb. Das Geheimnis war ein Kanal der sich von Meaux bis ins Herz von Paris schlängelte. Wir merkten uns die Route gut und fuhren am 3. November von Meaux los.

Das Wetter war gut und der Weg war, wie schon lange nicht mehr, richtig angenehm und leicht zu befahren. Aus gesundheitlichen Gründen meinerseits konnten wir aber an diesen Tag nur bis nach Claye-Soully fahren. Claye-Soully ist ein riesiges Einkaufszentrum östlich von Paris. Hier haben wir unter einer Radfahrerbrücke direkt am Kanal unser Zelt aufgeschlagen. Der nächste Tag zeigte uns, wie gut der Weg am Kanal wirklich war.



Ab hier konnte man auf eine direkt für Radfahrer angelegte Straße fahren. Wir flogen förmlich in die ersten Vororte von Paris. Und kaum das wir uns versahen waren wir schon da.
Dafür dass es im gesamten Rest von Frankreich kaum Radwege zu scheinen gibt, wurden in Paris direkt Wegweiser, und extra abgetrennte Bereiche auf der Straße für Radfahrer angeboten. So war es uns ein leichtes, an diesen Tag das Zentrum der Megastadt zu erreichen.
Der erste Tag war für uns kleine Radwanderer, die bis jetzt kaum Erfahrung mit großen Städten gemacht hatten, umwerfend und auch erschreckend zugleich. Denn Paris warf uns im wahrsten Sinne des Wortes mit seinem Verkehrsreichtum und seiner Unmenge an Bevölkerung um.
Wir fuhren so schnell wie wir reingekommen sind auch wieder etwas hinaus aus Paris und übernachteten auf dem Campingplatz "Bois de Boulogne" in Neuilly sur Seine.


Das war am 4. November. Jetzt da wir schon fast einen Monat, für alle die es noch nicht wissen, wir bleiben über den Winter in Paris und fahren im Februar oder im März weiter, überlebt haben, können wir rückblickend sagen, das wenn man Paris erst einmal ruhig und mit einer Stadtkarte in der Hand beschnuppert hat, es doch gar nicht so schlimm ist.
Eine Sache die uns am Einreisetag extrem auffiel und die uns jetzt noch immer beeindruckt, ist der Verkehr hier. Ich möchte es euch genauer erklären.

In Frankreich sind die Franzosen riesige Fans von Kreisverkehren. Das merkt man sehr deutlich in dem man in Frankreich nicht über eine Kreuzung kommt ohne im Kreis fahren zu müssen. Uns fiel es schon an der französischen Grenze auf. Aber in Paris um so mehr. Hier gibt es ausschliesslich Kreisverkehre. Der grösste, den ich erwähnen will, ist der am Place Charles de Gaulle. Hier steht auch der Triumphbogen in der Mitte.



Der Kreisverkehr besteht aus mehreren Spuren und insgesamt 12 Ausgängen. Und er ist ein Knotenpunk in Paris. Von hier aus gelangt man quasi überall hin. Da ist es selbst verständlich das der Verkehr hier regelrecht überquillt. Für Radfahrer schien es, für uns am Anfang unmöglich diesen zu befahren. Wir schoben also regelmäßig unsere Räder außen auf dem Fußweg drumherum. Doch mit der Zeit wurden wir mutiger und heute können wir
uns quasi mittem im Gewusel von Auto und Motorrädern elegant bewegen.
Desweiteren schienen uns die Fahrkünste der Pariser und überhaupt französischer Autobesitzer sehr fremdartig. Die Vielzahl an zusätzlichen Ampeln und Schildern hindern die Autofahrer nicht daran, so zu fahren, wie sie es wollen. Meiner Meinung nach gilt hier die Regel: Der Stärkere und der, der am lautesten Hupen kann, gewinnt.
Mehrmals hab ich es schon gesehen, wie nur noch die Polizei ein größeres Chaos vermeiden konnte. Und siehe da, vor den Gesetzeshütern haben alle Autofahrer respekt. Dort wo zuvor der dickste Verkehrsstau war ist dank der Polizei geordneter Verkehr.
Ich frage mich immer noch, wieso die Pariser es nicht von allein schaffen, das was sehr einfach erscheint: Einfach den Verkehrsregeln folgen. Zumindest ist das als Radfahrer sehr einfach ;-)

Ein weiterer Punkt, der uns im Zusammenhang Verkehr auffiel ist: Wieso fahren die Franzosen nicht lieber mit dem Fahrrad in die Stadt oder gar zur Arbeit? Dies würde das Verkehrschaos um einiges entlasten. Es war für uns sehr schwer zu begreifen, da es hier in Paris, im Gegensatz zu den meisten anderen Städten in Frankreich, ein ausgeprägtes Radwegnetz und unzählige Leihstationen gibt. Also, wieso fährt kaum jemand mit diesen Rädern?
Diese Frage wurde uns bald beantwortet. Durch Zufall fanden wir einen Fahrradladen, der für elektrische Räder ausgelegt war. Der Laden wirkte recht klein und vollgestellt. Wir hatten auch nicht beabsichtigt hinein zu gehen. Doch der Verkäufer sah uns draussen mit unseren Rädern und lud uns kurzer Hand auf ein Kaffee für uns und einmal das komplette Aufpumpen der Räder für Marta und Gerd, ein.
Francois, so heißt der Ladenbesitzer konnte glücklicherweise perfekt Englisch und so machte es eine Kommunikation einfach.
Neben einer wunderbaren Radfahrkarte rund um Paris und vielen Angeboten, dort und da übernachten zu können, verriet er uns auch noch was es mit der "Radfahrfaulheit" der Franzosen, wie ich es nenne, auf sich hat.

Er erzählte uns das die Radwege und auch die Leihstationen erst seit etwa einen Jahr existieren und sie sozusagen erst jetzt in "Mode" kommt.
Ausserdem sind die Franzosen, so scheint es, sehr stolz auf ihre langjährige Autotradition, die wie zum Beispiel, Peugeot, Renault hervorbrachten und lassen so was wie ein Drahtesel in ihrem Alltag nicht zu; und wenn dann nur als reines Sport- und Vorzeigegerät. Alle kennen ja die Tour de France. Und auch Mountainbiking ist hier sehr beliebt.
Es scheint also schon fast zur Gewohnheit geworden zu sein, sich ins Auto zu setzen und bis zum nächsten Stau zu fahren, sich aufzuregen, 5 Minuten weiter zu fahren und anzukommen.
Aber vielleicht ändert sich das auch wieder, Fahrrad zu fahren gehört genauso zu einer Modeerscheinung, wie schöne Kleider und gesunde Ernährung.

Nicht das ihr jetzt denkt, der Triumphbogen und sein Kreisverkehr ist das einzige was wir in unserem bis jetz ein-Monatigen Aufenthalt gesehen haben.
Wir haben natürlich fleissig angefangen die ganzen Sehenswürdigkeiten die sich in Paris befinden zu besuchen. Es sind wirklich so viele Museen, Parkanlagen, Kirchen, Friedhöfe... das man garnicht weiss, was sehenswert ist, und was nicht. Hilfe bekamen wir hier von Odal (ein Danke an dieser Stelle), der sich sehr gut in Paris auszukennen scheint, und uns viele Geheimtipps geben konnte. Zum Beispiel riet er uns die Friedhöfe auf unserer Besichtigungstour zu beachten. Was wir natürlich taten und auch belohnt wurden. Hier sind einige Bilder, das Wetter hatte an diesen Tag wunderbar zu einem Friedhofsbesuch gepasst.





Neben den beiden Friedhöfen Cimetiére du Pére Lachaise und Cimetiére du Montparnasse, besichtigten wir den riesigen Park "Jardin du Luxembourg", "Jardin du Plantes" und "Jardin des Tuileries"(ausführliche Bilder seht ihr im kommenden Videoreisebericht).

Der Jardin du Luxembourg, welcher uns am besten gefiel, ist die Gartenanlage, die sich vor dem Palais du Luxembourg ausbreitet. Hier tagt der Senat des französischen Parlaments. Die Parkanlage kann man kostenfrei besuchen, was uns direkt veranlässt hinzufahren. Wir wurden nicht enttäuscht, selbst im November, wo man nur sich nur die Farbenpracht der Pflanzen vorstellen kann, ist der Park absolut sehenswert. Auffällig sind die unzähligen Statuen, sich im gesamten Park verstecken und die Brunnen von den es auch einige gibt. Hier zwei Bilder:




Auch gibt es unzählige Museen, die man besuchen kann und auch sollte, doch da viele kostenpflichtig sind, können wir nicht alle besuchen. Zu Gunsten der Touristen, die sich nicht immer alles leisten kann, so wie wir, gibt es verschiedene Angebote der privaten Museen. Fast Alle Museen und Gebäude, die nicht der Stadt Paris gehören, können jeden 1. Sonntag im Monat kostenfrei besucht werden. Das soll man uns nicht zwei mal sagen. Museen wie "Musée de Orsay" oder aber das weltbekannte "Musée du Louvre" werden von uns also erst noch besucht. Wir sind beide sehr gespannt auf diese Tage, die schon jetzt von uns voll geplant sind.

Ebenso werden wir erst später, wir planen so Januar, die Städte Saint Denis, wo wir uns die Basilika anschauen wollen, und Versailles, besuchen. Diese werden dann im Reisebericht 12 erwähnt.

Wir werden jetzt die nächsten paar Nächte noch draussen übernachten, denn dank McDonalds sind wir fast so gut wir ein Viertel des Tages im Warmen, und frieren deswegen nur auf den Weg ins Zentrum. Die Nächte sind trotz bedrohlich klingender Temperaturwerte im 0°-Bereich in unserem Zelt warm. Wir haben noch nicht einmal gefroren. Auch der erste Schnee, der sich vor wenigen Tagen für kurze Zeit in Paris zeigte, konnte uns nicht schocken.

Eventuell werden wir dann einen Bekannten besuchen der hier in Paris wohnt und uns Angeboten hat, bei ihm paar Wochen zu übernachten.

Nun noch ein paar ausgewählte Bilder von Paris und uns natürlich. Die komplette Fotoreihe gibt es zu unserer Abreise in Paris am Anfang März 2009; sofern unsere digitale Videokamera ihren Geist nicht aufgibt, wird es kurz nach Silvester unseren ersten Videoreisebericht geben.
Das ist übrigens der sogenannte "Eiffelturm", ein unbekanntes, in den Medien viel zu vernachlässigtes kleines Türmchen aus Stahl. Da das keinerlei historische Bedeutung hat, ist auch unbekannt, wer das dahin gestellt hat. Wir vermuten, das es Herr Eiffel war:


Das ist Kehlie, unser Zeltrotkehlchen. Er besucht uns jeden Morgen, egal wann wir aufstehen. Damit ist seine Funktion als Wecker zwar verfehlt, aber süß ist er trotzdem:


Das ist 3d:


Zum Abschluss noch einige Worte von mir, Herbert:

Meine Befürchtungen, das unsere Finanzen nicht ausreichen würden, sind völlig unbegründet gewesen. Der durchschnittliche Verdienst beim puren Betteln liegt hier bei 1,55€ pro Stunde; beim Gitarren spielen liegt er bei 3,60€ pro Stunde. Dieser Wert ist im Vergleich zu den Verdiensten in Deutschland, und in Anbetracht des hohen Preisniveaus der Stadt erschreckend gering. Das erklärt sich durch die hohe Anzahl der Bettler und Penner in der Stadt; welche wiederrum aus der sehr unfairen sozialen Verteilung wie überall resultiert. Unsere Ausgaben betragen etwa 3€ täglich pro Person; ein Wert, den wir aber im Sommer weiter reduzierten können.

Auch die Befürchtung, das der Winter hart werden würde, hat sich, wie im Text erwähnt, nicht bestätigt. Sowohl der Tag, wie die Nacht, sind problemlos zu bewältigen. Johannes hat Winterpause; bei den Temperaturen bin ich mir zu fein und eingerostet, um zu skaten. Ich freue mich diesbezüglich schon auf den Frühling.

In wenigen Tagen folgen meine Bemerkungen zur Weltwirtschaftskrise, und meine Gedanken zu einer Nachricht, die mich fast vom Stuhl geworfen hat: Dass es öffentlich diskutiert wird, ob Deutschland das erste mal Konsumgutscheine verteilt?!! Bis dahin.

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