Isolation II

Die soziale Rangordnung menschlicher Gemeinschaften, in der sich jede Person psychologisch-instinktiv einordnet, soll hier betrachtet werden. Zunächst unterscheide ich zwischen der natürlichen, tierischen und der reflexiven, menschlichen Ordnung. Erstere hat ihren Zweck, ihre Legitimation darin, der Gemeinschaft durch die Herausfilterung der stärkeren Individuuen zu größtmöglichen Erfolg in der Welt zu verhelfen. Ausserdem fällt auf, das Gesten, wie bspw. das Unterwerfen vor einem anderen Mitglied die einzigen Methoden sind, mit der die spezifische Rolle eines Teilnehmer deklariert wird. Gesten, und gegebenenfalls die Ausübung des angedeuteten, sind ausreichend, um die Ordnung zu definieren. Es herrscht Naturrecht.

Mit dem Eintritt der reflexiven Vernunft aber, um die zweite Ordnung zu betrachten, sind nun eine Menge an Veränderungen und Erweiterungen an dem simplen, natürlich-tierischem System dazugekommen. Es gibt nun Titel, Ränge, Rituale, Orden, soziale Stati, Schulabschlüsse, Auszeichnungen, Bankkonten, Kleiderordnungen -und Empfehlungen, zusätzlich zu den Gesten. Ferner ist die Legitimation zur Klassifizierung nun in den meisten Fällen nicht mehr das Wohl und der Erfolg aller beteiligten, sondern sie wurde durch die Gewinnsucht einiger weniger oder dem erreichen von Zielen der Ranghohen Personen ersetzt. Die Systematik nutzt psychologische Sicherheitslücken aus, um Individuen zur Anteilnahme an der Ordnung zu verwahlpflichten - die Menschen handeln ihre Kompatibilität zur Ordnung freiwillig

Da ich mich aber nicht als gehorchendes seiendes definieren wollte, das einem aus natürlich/ökonomischer Sicht unlegitimen Götzen dient(beispielsweise der reichere Kapitalist oder der stärkere Ausbeuter), aber auch nicht in der Rolle eben dieser Ranghöherer Personen stecken wollte, floh ich aus allen gebieterischen sozialen Ordnungen. Zwar scheitere ich noch an der in meinen Augen gröbsten und idiotischsten sozialen Ordnung; der Finanzordnung. Aber davon abgesehen bin ich äusserst zufrieden mit den sich mir nun neuen Entfaltungsoptionen, die durch meine Isolation entstanden sind. Welche das sind, werde ich im nächsten Teil behandeln.

Isolation 1

Mir ist aufgefallen, das die menschliche Isolation von der Gesellschaft bei weitem leichter fällt, wenn diese Gesellschaft um einen herum, von der man sich isolieren will, eine fremde Sprache spricht.
Ich saß nun mehrere Stunden an diesem Tisch in diesem Lokal; inmitten französischem Sprachgetümmel. Plötzlich setzen sich sechs deutsch sprechende Touristen an den Nachbartisch, und fangen ein typisches Gespräch voller Belanglosigkeiten an. Nun war es mir nicht mehr möglich, mich zu isolieren. Aufgrund der Gewöhnung an meine Muttersprache wird der Fokus meiner eigenen Aufmerksamkeit gewaltsam auf das mir bekannte zurückgeführt.

Ich musste zu Ohrenstopfen greifen. Erst jetzt konnte ich wieder einsame Gedanken fassen. Es scheint, als würde die Sprache uns sehr umfassen - wir denken in ihr, wir definieren uns durch sie - wir richten durch sie. Wer sich isolieren will, müsste es nur schaffen, seine eigene Sprache zu erschaffen - schon ist er allein. Die Gewöhnung an, und die daraus folgende Ignoration der periodischen und rhytmischen Reize um mich herum ist zwar die von mir am häufigsten genutzte Möglichkeit, inmitten dieser Geräuschkulisse in diesem von mir dauerbesetztem Lokal zu mir selbst zu finden. Im Falle dieser plötzlich eintretenden Störsubjekte, auf dessen Fokussierung ich nun gezwungen war, war der Mechanismus der Gewöhnung aber nicht mehr wirksam.

Bewusstes inkompatibles Aussehen ist eine weniger radikale Variante, sich zu isolieren. Gerade bei der, selbst die Deutschen übertreffenden Oberflächlichkeit der Franzosen ist es nahezu ausgeschlossen, das mich jemand trotz meiner ungewaschenen, ungekämmten und chaotisch verwilderten Haaren anspricht. Das hilft mir durch den Winter. Im Frühling dann, wenn mir Gesellschaft in Maßen wieder genehm ist, pflege ich meine Haare wieder - und bin dann auch wieder der normale Mensch, wie jeder andere auch.

neue Bilder

Hier ist die Verlinkung zu weiteren brandneuen
Bildern aus Paris.

Auch in den schon bestehenden Ordnern sind weitere Bilder dazu gekommen.

Also einfach mal schaun!

Unser Laptop hat überlebt & die Wichtigkeit der Computer

Aufgrund eines der Firma Acer sehr wohl bekannten brown-bag-Fehlers in der Bios-Version, die mit dem Acer Aspire One 150-Modell, der bei uns aufgetreten ist, waren wir mehrere Tage vom Internet getrennt. Dank eines Tricks konnte ich das Bios dann neu flashen; ein Laie hätte an die hundert €uro dafür bezahlen müssen. Ob das nun Firmenpolitik oder ein Ungeschick ist, sei mal dahin gestellt.

Hier ein Bild unseres Laptops, das ohenhin mal hinfällig war, in der nackten Version:



Mir sind einige Gedanken gekommen:

Mir ist die Frage aufgekommen, ob die Abhängigkeit von der Technik ein Segen oder ein Fluch ist. Zunächst betrachte ich den Computer nur als Instrument zu Tätigkeiten, die ohne diesen in genau der gleichen Qualität, aber mit weitaus mehr Aufwand möglich sind. Für einen Vagabunden, oder Globetrotter, in dessen Rolle ich mich die nächsten Jahre befinden werde, ist dieses Instrument zu einer überglobalen Verfügbarkeit meiner Informationen ein Segen.

Ein Fluch ist es, da die Verfügbarkeit an technische, komplexe Verfahren gebunden ist. Als unser Computer ausfiel, deutete ich dies aufgrund unserer ständigen Vibrationen beim Radfahren sowie den ständigen Temperaturschwankungen im Winter zunächst als eine defekte Festplatte - alle unsere Fotos und Dokumente wären verloren. Einige Internetseiten behaupteten, das einige Modelle des Acers Festplatten hätten, die nach wenigen Monaten kaputt gingen, während eine andere Serie mehrere Jahre hält. Ich dachte, ich hätte die fehlerhafte Serie erwischt.

Nachdem ich also das Glück hatte, das das Bios-flashen funktioniert hatte, und damit unser Laptop in der alten Qualität, aber geimpft gegen den Fehler wieder lauffähig ist, werden wir heute Abend beginnen, unsere Fotos und Dokumente, und alle Bilder aus Paris und alle anderen, die existieren, hochzuladen - und haben so eine ausreichende Redundanz geschaffen, um das Problem mit der Verfügbarkeit nun zu dämpfen.

Ein weiterer Wichtiger Aspekt, an denen die Technik ein Segen ist, ist die Kommunikation: unser nahezu einziges soziales Netz existiert aufgrund der Sprachbarriere hier in Frankreich momentan Online. Und das wird sich in Spanien noch verschlimmern.

Meine letzten Bücheranschaffungen (Jean-Paul Sartre "der Ekel", Peter Sloterdijk "im Weltinnenraum des Kapitals", Felix van Cube "Lust an Leistung",sowie Günter Hoffmann "Tausche Marmelade gegen Steuererklärung") waren also konsequenterweise die letzten auf Papier.

Um meine geistige Verarmung und dem Mangel an sozialer Integrität auszugleichen, habe ich mir diese Bücher gekauft, um die Brücke bis zum Ende des Sommers 2009 zu überbrücken.

Denn dann etwa, schätze ich, ich wird die zweite Generation der E-Book Reader gerade auslaufen. Sie werden damit also günstig und gut sein. Für einen Vagabunden ist das damit das Optimum, um seine Bücher in seiner Sprache allgegenwärtig zu haben.


Übrigens ist auch unser Projekt eines ersten Videoreiseberichtes durch das Wiederbeleben des Laptops gerettet worden. Alle Clips sind noch vorhanden.


Hier die Alben, die es heute geschafft haben:
Unsere Ankunft
Eiffelturm
Friedhöfe
Parkanlagen
Notre-Dame
Kirchen
Louvre von Aussen
Paris Allgemein Teil 1

Betrachtungen zur Weltwirtschaftskrise

Der wichtigste unter den Vorteilen bei der Positionierung abseits des sozialen Spektakels, dem jedem Menschen in der westlichen Kultur geboten wird, ist, das man eine verhältnismässig unabhängige Interpretation der Geschehnisse machen kann. Zunächst fallen drei Dinge auf:

1.) Die Verhaltensweise aller Personen jedes Standes ist (noch) ein Spektakel. Das will bedeuten, das keine Ernsthaftigkeit in den Gefühlen der Menschen steckt. Der Vermögende, wohlhabende fühlt sich weder vom durchschnittlich vermögenden Bürger bedroht, wie dieser sich nicht vom Hunger oder anderen unmittelbaren natürlichen Gefahren bedroht fühlt.

Zu dieser Behauptung gibt es eine Bestätigung und ein Gegenargument.

2.) Als Bestätigung der Furchtlosigkeit der Vornehmen vor der Macht oder Kraft des Bürgers kann man die systematische und von beiden Parteien akzeptierte, geförderte und gewollte Ordnung der Verteilung von Gütern, Macht und Möglichkeiten, nennen. Diese wiederrum hat eine lange Geschichte und Tradition, so daß es kein psychologisches Wunder mehr ist, das das System stabil funktioniert.

Die Welt befindet sich mal wieder in einer Wirtschaftskrise; die Beweise, das diese Krisen zwangsläufig und systematisch hervortreten sind, bei der Betrachtung des vom Staat und Volk gelobten und gewollten Kapitalismus nun nicht mehr nur die Logik, sondern auch die Vergangenheit. Die Stimme derer, die eine anti-kapitalistische Haltung einnehmen, ist absurd gering in Anbetracht des tyrannischen Systems und der Offensichtlichkeit der Fehler, die das System beherbergt.

Als das Volk in der Monarche Frankreichs zur Zeit der französischen Revolution die Königshäuser und damit die monarchische Tyrannei stürmten, so bekamen sie mit ihrem Sieg ihren Willen: die Demokratie. Wofür das Volk hier kämpfte, war ein Recht für einen Anteil an Macht; ihre soziale Unterordnung im vorher wie nachher kapitalistischem System (nun nur ohne den Titel "feudal") hat sich nicht verändert. Die Systemveränderung fand ausschliesslich auf politischer Ebene statt.

Ob es hier an einem Mangel an Intellektualität des Volkes, dem Hang des Menschens zur Faulheit, den Maßnahmen der wenigen, aber mächtigen Profitierenden des Systems, an der Tradition und Geschichte, oder an einem Mangel an effektiven alternativen Methoden oder an dem Mut zu wissenschaftlichen Experimenten dieser alternativen Systeme liegt, das kein Hauch einer Revolution dieses absurden Zustandes auch nur zu erahnen ist, mag ich weder an dieser Stelle, noch überhaupt von meiner Position der Unabhängigkeit beurteilen. Worauf ich hier nur deuten will, ist einerseits, das das Bewusstsein und Gefühl jedes Menschens sich völlig mit den Konsequenzen, sozialen Unterschieden und Naivität der Vornehmen identifizieren, - das sich die Menschen es aufgrund der Gewöhnung und Befangenheit also gar nicht vorstellen können, das es eine gerechte, logisch stabile Ordnung gebe, und andererseits, das die Ordnung in Europa oder anderen Kontinenten der "westlichen Welt" im Vergleich zur globalen Gesamtsituation als Gewinner, also als der Vornehme, der Prächtige dasteht.

Was sich im kleinen, nämlich innerhalb der Grenzen der einzelnen Länder zeigt, spiegelt sich global wieder: Wenige besitzen Viel, und beuten die Vielen, die wenig besitzen, aus. So kommt es, das jeder hungrige Strassenpenner in Europa global gesehen noch zu den wenigen Glücklichen gehört.

In anderen Ländern spielt man mit ihrem Volk wie mit Spielfiguren, gleichsam, ob dabei hunderttausende Menschen kollektiv verhungern. Zwar ist dies dem Durchschnittsbürger oder dem durchschnittlichem Weltbild des Bürgers dank Verdummungs - und Verblendungsapparate der Staaten nicht deutlich bewusst, aber es ist ein Fakt, der besiegelt, das jeder Europäer erstmal zu den Vornehmen gehört. Das gewichtet meine These, das es keine soziale Ernsthaftigkeit gibt, weiter auf.

Nun möchte ich zu dem Gegenargument, das gleichzeitig eine sehr gewagte und subjektive Behauptung ist, kommen.

3.) Die Identität des Menschentypus, mit dem wir es in der westlichen Welt hauptsächlich zu tun haben, nämlich des Staatsbürgers, verdankt ihre Stabilität hauptsächlich dem Glaube an die teilweise isullionierten und der teilweise tatsächlich vorhandenen Freiheit. Die Verfassung eines Manifests, dem sich alle Bürger aus eigener Entscheidung fügen, und in dem pseudo-apriorische Sätze wie das Recht zur freien Meinungsäusserung und die Wahrung der eigenen Würde, verankert sind, erweckt im Identitätsbewusstsein der Bürger immer mehr Vertrauen, dest so globalisierter die Staaten und die gemeinsame Wertschätzung werden.

3.1) Die menschliche Privatsphäre des Bürgers wird aufgrund des Versuchs der Maximierung der sublimen Präsentation des soialen Standes minimiert; so wie im Mittelalter die fiktive Angst einer Hölle indoktriniert wurde, damit das Volk sich freiwillig zu Jesus, und damit zum Absolutismus, bekennt, bekennt sich der Bürger zu denIdealen der westlichen Welt, um vor dem Terrorismus und der Weltwirtschaftskrise geschützt zu sein. Das funktioniert zwar hervorragend, aberinmeinenAugenistdasKonstruieren des gläsernen Menschen durch elektronische Ausweise, Bewegungsprofile durch Mobilfunk und Navigationssysteme und dergleichen technologischen Überwachungsapparaten mehr, hemmend für das Identitätsgefühl des Bürgers. Nicht umsonst wird so viel Szenerie in diese doch so bedrohlichen und bösen Welt vorgespielt, und auch nur eine etappenweise Implementation der Instrumente über mehrere Jahre seitens der Lobbyisten der EU in Brüssel durchgeführt.

LKW-Maut, Google, - überall spielt die Information nun die Rolle. Das ist Neu, und wird den Verlauf der Geschichte verändern. Das Bedürfnis des Bürgers muß aufwendiger gedeckt werden, sonst ist die Stabilität der Weltordnung gefährdet. Die Revolution wäre möglich.

3.2) Das Einmischen der Rolle derInformationin das Bewusstsein des Bürgers ist unnatürlich. Für das durchschnittliche Fassungsvermögen des Menschens ist es noch bei weitem zu früh, als das selbst die Geisteselite prophezeihen könnte, wie die Bevölkerung darauf reagiert. Deswegen die noch übereilte Vorsicht bei der Durchsetzung informations-freiheitsberaubender Gesetze.

4.) Wie fälschlicherweise vielerorts angenommen, ist nicht nur eine kommunistische Alternative möglich. Der häufig zu hörende Spruch "im Kommunismus funktioniert es aber auch nicht besser" ist auf eine enge Perspektive der Möglichkeiten zurückzuführen, die aus der Betrachtung der Geschichte resultiert. Kapitalismus und Kommunismus werden als Gegensätze gelehrt, dabei sind es nur zwei der bekanntesten Formem ökologischer Gestaltung.

Die in Deutschland nun zur Debatte stehenden Konsumgutscheine beinhalten explosives Material. Einerseits hätte es, vorrausgesetzt Deutschland entscheidet sich für diese Methode der Konjunkturspritze, einen aufklärerischen Effekt, der eines der zentralen Probleme des kapitalistischen Geldes deutlich darstellt - nämlich die dem Geld doppelte Funktion als Tauschmittel und als Sparmittel. Dann aber wird, da diese Finanzspritze aus weiter unten genannten Gründen scheitern wird, die Entwicklung experimenteller Ökonomien in Zukunft gehindert, da Pauschal auf das Versagen der Gutscheine hingewiesen wird.

Die psychologische Beurteilung von Konsumgutscheinen ist, wie ein Zitat aus der Presse "Konsumgutscheine erinnern uns an Notzeiten mit Lebensmittelkarten" zeigt, fällt momentan beim Bürger so aus, das diese Gutscheine ein Ausnahmezustand sind. In einem kapitalistischem System stimmt das auch. Was hier aber geschieht, ist das Mischen von Methoden fremder Systeme mit dem Etablierten. Der Sinn der Konjunkturspritze in einem Kapitalismus ist völlig unterschiedlich von dem Sinn, den er in anderen Systemen haben würde.

Konsumgutscheine scheitern deswegen, weil Sie ein Geldverteilungsinstrument aus anderen Systemen versuchen zu implementieren. Da der Kapitalismus primär den Zins nutzt, um die sozialen Schichten zu definieren, ist ein Gutschein-System, das nun einmalig in das absolutistische Zinssystem eingeimpft wird, verfehlt, und würde nicht das System in seiner Funktionalität repräsentieren, das in seiner Reinform mit seinen eigenen Methoden eingesetzt werden würde.

Der Schritt seitens der etablierten Politik, den Vorschlag der Konsumgutscheine als Methode für eine Konjunkturspritze überhaupt in die öffentliche Diskussion zu rücken, ist gewagt. Es regt die grundphilosophischen Gedanken der Bürger über das Wesen des Geldes erneut an. Der Glaube wird zum Sinnieren, und das ist dem Etablierten schädlich. Das diese Gefahr aber nicht realistisch ist, zeigt die Festgefahrenheit des etablierten Systems.

Aber selbst, wenn Deutschland nun nicht auch auf die Methode der Gutscheine, wie sie woanders auf der Welt seit geraumer Zeit üblich ist, zurückgreift, sondern auf sanftere Methoden wie Steuerersparnissen für bestimmte, ausgewählte Volksgruppen zurückgreift, ist die Methode, die angewendet wird immer eine Veränderung der Geldverteilung. Das das ganze ohne größere Systemkritik funktioniert, ist um so erstaunlicher, da diese Geldverteilung völlig transparent geschieht. Das Geld, das die Bürger durch ihre Gutscheine bekommen - staatlich finanziert- ist schon ihr Geld - nur neu umverteilt.

Reisebericht 10: Paris [Teil 1/3]

Dieser Reisebericht ist, um von Herberts monotonen Reiseberichten etwas weg zu kommen, von mir, der Elli, geschrieben:

Endlich sind wir nun an unseren zweiten, grossen Zwischenstop angekommen, Paris!
Doch so einfach wie wir uns es anfangs vorgestellt hatten, so einfach mit den Fahrrad in Paris hineinzuspazieren, war es natürlich nicht. Wer sich Paris mal auf einer Karte genauer angeschaut hatte, dem müßte aufgefallen sein, das sich um Paris ein dickes verstricktes Verkehrsnetz befindet. Und der Großteil der Straßen fette Autobahnen oder Bundesstraßen sind, die man unmöglich mit dem Fahrrad bewältigen konnte. Also mußte eine Lösung für das Problem her. In Meaux fanden wir im Internet eine Seite eines deutschen Radfahrers, der schon vor uns diese Strecke fuhr und es, Glück für uns, aufschrieb. Das Geheimnis war ein Kanal der sich von Meaux bis ins Herz von Paris schlängelte. Wir merkten uns die Route gut und fuhren am 3. November von Meaux los.

Das Wetter war gut und der Weg war, wie schon lange nicht mehr, richtig angenehm und leicht zu befahren. Aus gesundheitlichen Gründen meinerseits konnten wir aber an diesen Tag nur bis nach Claye-Soully fahren. Claye-Soully ist ein riesiges Einkaufszentrum östlich von Paris. Hier haben wir unter einer Radfahrerbrücke direkt am Kanal unser Zelt aufgeschlagen. Der nächste Tag zeigte uns, wie gut der Weg am Kanal wirklich war.



Ab hier konnte man auf eine direkt für Radfahrer angelegte Straße fahren. Wir flogen förmlich in die ersten Vororte von Paris. Und kaum das wir uns versahen waren wir schon da.
Dafür dass es im gesamten Rest von Frankreich kaum Radwege zu scheinen gibt, wurden in Paris direkt Wegweiser, und extra abgetrennte Bereiche auf der Straße für Radfahrer angeboten. So war es uns ein leichtes, an diesen Tag das Zentrum der Megastadt zu erreichen.
Der erste Tag war für uns kleine Radwanderer, die bis jetzt kaum Erfahrung mit großen Städten gemacht hatten, umwerfend und auch erschreckend zugleich. Denn Paris warf uns im wahrsten Sinne des Wortes mit seinem Verkehrsreichtum und seiner Unmenge an Bevölkerung um.
Wir fuhren so schnell wie wir reingekommen sind auch wieder etwas hinaus aus Paris und übernachteten auf dem Campingplatz "Bois de Boulogne" in Neuilly sur Seine.


Das war am 4. November. Jetzt da wir schon fast einen Monat, für alle die es noch nicht wissen, wir bleiben über den Winter in Paris und fahren im Februar oder im März weiter, überlebt haben, können wir rückblickend sagen, das wenn man Paris erst einmal ruhig und mit einer Stadtkarte in der Hand beschnuppert hat, es doch gar nicht so schlimm ist.
Eine Sache die uns am Einreisetag extrem auffiel und die uns jetzt noch immer beeindruckt, ist der Verkehr hier. Ich möchte es euch genauer erklären.

In Frankreich sind die Franzosen riesige Fans von Kreisverkehren. Das merkt man sehr deutlich in dem man in Frankreich nicht über eine Kreuzung kommt ohne im Kreis fahren zu müssen. Uns fiel es schon an der französischen Grenze auf. Aber in Paris um so mehr. Hier gibt es ausschliesslich Kreisverkehre. Der grösste, den ich erwähnen will, ist der am Place Charles de Gaulle. Hier steht auch der Triumphbogen in der Mitte.



Der Kreisverkehr besteht aus mehreren Spuren und insgesamt 12 Ausgängen. Und er ist ein Knotenpunk in Paris. Von hier aus gelangt man quasi überall hin. Da ist es selbst verständlich das der Verkehr hier regelrecht überquillt. Für Radfahrer schien es, für uns am Anfang unmöglich diesen zu befahren. Wir schoben also regelmäßig unsere Räder außen auf dem Fußweg drumherum. Doch mit der Zeit wurden wir mutiger und heute können wir
uns quasi mittem im Gewusel von Auto und Motorrädern elegant bewegen.
Desweiteren schienen uns die Fahrkünste der Pariser und überhaupt französischer Autobesitzer sehr fremdartig. Die Vielzahl an zusätzlichen Ampeln und Schildern hindern die Autofahrer nicht daran, so zu fahren, wie sie es wollen. Meiner Meinung nach gilt hier die Regel: Der Stärkere und der, der am lautesten Hupen kann, gewinnt.
Mehrmals hab ich es schon gesehen, wie nur noch die Polizei ein größeres Chaos vermeiden konnte. Und siehe da, vor den Gesetzeshütern haben alle Autofahrer respekt. Dort wo zuvor der dickste Verkehrsstau war ist dank der Polizei geordneter Verkehr.
Ich frage mich immer noch, wieso die Pariser es nicht von allein schaffen, das was sehr einfach erscheint: Einfach den Verkehrsregeln folgen. Zumindest ist das als Radfahrer sehr einfach ;-)

Ein weiterer Punkt, der uns im Zusammenhang Verkehr auffiel ist: Wieso fahren die Franzosen nicht lieber mit dem Fahrrad in die Stadt oder gar zur Arbeit? Dies würde das Verkehrschaos um einiges entlasten. Es war für uns sehr schwer zu begreifen, da es hier in Paris, im Gegensatz zu den meisten anderen Städten in Frankreich, ein ausgeprägtes Radwegnetz und unzählige Leihstationen gibt. Also, wieso fährt kaum jemand mit diesen Rädern?
Diese Frage wurde uns bald beantwortet. Durch Zufall fanden wir einen Fahrradladen, der für elektrische Räder ausgelegt war. Der Laden wirkte recht klein und vollgestellt. Wir hatten auch nicht beabsichtigt hinein zu gehen. Doch der Verkäufer sah uns draussen mit unseren Rädern und lud uns kurzer Hand auf ein Kaffee für uns und einmal das komplette Aufpumpen der Räder für Marta und Gerd, ein.
Francois, so heißt der Ladenbesitzer konnte glücklicherweise perfekt Englisch und so machte es eine Kommunikation einfach.
Neben einer wunderbaren Radfahrkarte rund um Paris und vielen Angeboten, dort und da übernachten zu können, verriet er uns auch noch was es mit der "Radfahrfaulheit" der Franzosen, wie ich es nenne, auf sich hat.

Er erzählte uns das die Radwege und auch die Leihstationen erst seit etwa einen Jahr existieren und sie sozusagen erst jetzt in "Mode" kommt.
Ausserdem sind die Franzosen, so scheint es, sehr stolz auf ihre langjährige Autotradition, die wie zum Beispiel, Peugeot, Renault hervorbrachten und lassen so was wie ein Drahtesel in ihrem Alltag nicht zu; und wenn dann nur als reines Sport- und Vorzeigegerät. Alle kennen ja die Tour de France. Und auch Mountainbiking ist hier sehr beliebt.
Es scheint also schon fast zur Gewohnheit geworden zu sein, sich ins Auto zu setzen und bis zum nächsten Stau zu fahren, sich aufzuregen, 5 Minuten weiter zu fahren und anzukommen.
Aber vielleicht ändert sich das auch wieder, Fahrrad zu fahren gehört genauso zu einer Modeerscheinung, wie schöne Kleider und gesunde Ernährung.

Nicht das ihr jetzt denkt, der Triumphbogen und sein Kreisverkehr ist das einzige was wir in unserem bis jetz ein-Monatigen Aufenthalt gesehen haben.
Wir haben natürlich fleissig angefangen die ganzen Sehenswürdigkeiten die sich in Paris befinden zu besuchen. Es sind wirklich so viele Museen, Parkanlagen, Kirchen, Friedhöfe... das man garnicht weiss, was sehenswert ist, und was nicht. Hilfe bekamen wir hier von Odal (ein Danke an dieser Stelle), der sich sehr gut in Paris auszukennen scheint, und uns viele Geheimtipps geben konnte. Zum Beispiel riet er uns die Friedhöfe auf unserer Besichtigungstour zu beachten. Was wir natürlich taten und auch belohnt wurden. Hier sind einige Bilder, das Wetter hatte an diesen Tag wunderbar zu einem Friedhofsbesuch gepasst.





Neben den beiden Friedhöfen Cimetiére du Pére Lachaise und Cimetiére du Montparnasse, besichtigten wir den riesigen Park "Jardin du Luxembourg", "Jardin du Plantes" und "Jardin des Tuileries"(ausführliche Bilder seht ihr im kommenden Videoreisebericht).

Der Jardin du Luxembourg, welcher uns am besten gefiel, ist die Gartenanlage, die sich vor dem Palais du Luxembourg ausbreitet. Hier tagt der Senat des französischen Parlaments. Die Parkanlage kann man kostenfrei besuchen, was uns direkt veranlässt hinzufahren. Wir wurden nicht enttäuscht, selbst im November, wo man nur sich nur die Farbenpracht der Pflanzen vorstellen kann, ist der Park absolut sehenswert. Auffällig sind die unzähligen Statuen, sich im gesamten Park verstecken und die Brunnen von den es auch einige gibt. Hier zwei Bilder:




Auch gibt es unzählige Museen, die man besuchen kann und auch sollte, doch da viele kostenpflichtig sind, können wir nicht alle besuchen. Zu Gunsten der Touristen, die sich nicht immer alles leisten kann, so wie wir, gibt es verschiedene Angebote der privaten Museen. Fast Alle Museen und Gebäude, die nicht der Stadt Paris gehören, können jeden 1. Sonntag im Monat kostenfrei besucht werden. Das soll man uns nicht zwei mal sagen. Museen wie "Musée de Orsay" oder aber das weltbekannte "Musée du Louvre" werden von uns also erst noch besucht. Wir sind beide sehr gespannt auf diese Tage, die schon jetzt von uns voll geplant sind.

Ebenso werden wir erst später, wir planen so Januar, die Städte Saint Denis, wo wir uns die Basilika anschauen wollen, und Versailles, besuchen. Diese werden dann im Reisebericht 12 erwähnt.

Wir werden jetzt die nächsten paar Nächte noch draussen übernachten, denn dank McDonalds sind wir fast so gut wir ein Viertel des Tages im Warmen, und frieren deswegen nur auf den Weg ins Zentrum. Die Nächte sind trotz bedrohlich klingender Temperaturwerte im 0°-Bereich in unserem Zelt warm. Wir haben noch nicht einmal gefroren. Auch der erste Schnee, der sich vor wenigen Tagen für kurze Zeit in Paris zeigte, konnte uns nicht schocken.

Eventuell werden wir dann einen Bekannten besuchen der hier in Paris wohnt und uns Angeboten hat, bei ihm paar Wochen zu übernachten.

Nun noch ein paar ausgewählte Bilder von Paris und uns natürlich. Die komplette Fotoreihe gibt es zu unserer Abreise in Paris am Anfang März 2009; sofern unsere digitale Videokamera ihren Geist nicht aufgibt, wird es kurz nach Silvester unseren ersten Videoreisebericht geben.
Das ist übrigens der sogenannte "Eiffelturm", ein unbekanntes, in den Medien viel zu vernachlässigtes kleines Türmchen aus Stahl. Da das keinerlei historische Bedeutung hat, ist auch unbekannt, wer das dahin gestellt hat. Wir vermuten, das es Herr Eiffel war:


Das ist Kehlie, unser Zeltrotkehlchen. Er besucht uns jeden Morgen, egal wann wir aufstehen. Damit ist seine Funktion als Wecker zwar verfehlt, aber süß ist er trotzdem:


Das ist 3d:


Zum Abschluss noch einige Worte von mir, Herbert:

Meine Befürchtungen, das unsere Finanzen nicht ausreichen würden, sind völlig unbegründet gewesen. Der durchschnittliche Verdienst beim puren Betteln liegt hier bei 1,55€ pro Stunde; beim Gitarren spielen liegt er bei 3,60€ pro Stunde. Dieser Wert ist im Vergleich zu den Verdiensten in Deutschland, und in Anbetracht des hohen Preisniveaus der Stadt erschreckend gering. Das erklärt sich durch die hohe Anzahl der Bettler und Penner in der Stadt; welche wiederrum aus der sehr unfairen sozialen Verteilung wie überall resultiert. Unsere Ausgaben betragen etwa 3€ täglich pro Person; ein Wert, den wir aber im Sommer weiter reduzierten können.

Auch die Befürchtung, das der Winter hart werden würde, hat sich, wie im Text erwähnt, nicht bestätigt. Sowohl der Tag, wie die Nacht, sind problemlos zu bewältigen. Johannes hat Winterpause; bei den Temperaturen bin ich mir zu fein und eingerostet, um zu skaten. Ich freue mich diesbezüglich schon auf den Frühling.

In wenigen Tagen folgen meine Bemerkungen zur Weltwirtschaftskrise, und meine Gedanken zu einer Nachricht, die mich fast vom Stuhl geworfen hat: Dass es öffentlich diskutiert wird, ob Deutschland das erste mal Konsumgutscheine verteilt?!! Bis dahin.