die Kultur als Kunst

Es liegt in der Definition des Begriffes "Kultur", das sie immer eine höher potenzierte Darstellung uns a priori gegebener Formen ist. Abgesehen von krankhaften, entarteten, schädlichen Kulturen kann immer, abhängig vom Grad der Sublimierung transparenter oder umständlicher, von der Implementierung der kulturellen Darstellung auf einen Ursprung geschlossen werden, und auch zusätzlich ein chronologischer Report der Entwicklung gemacht werden.

So ist die europäische Esskultur mit Messer und Gabel ein Symbol der Reinlichkeit des Menschen(*1), Länderflaggen ein Symbol von Identität, Kleidung ein Träger von aristokratisch geprägten Rang -und Machtstati eines Menschen; Titel, Adel und Anreden sind weitere Mechanismen zur sozialen Anordnung, die als kulturelle Werkzeuge dienen. Das Gesetz -und Strafsystem ist ein Spiegel, wie stabil die Kultur und der Glaube an sie ist. Dies alles nur, um einige Beispiele von transparenteren, geläufigen kulturellen Produkten zu nennen.

Kulturen entwickeln sich nicht linear, sondern sich selbst ständig erneuernd - der Zelle im Organismus zu vergleichen. Auch andere Schemata sind einem Organismus ähnlich, so das Verhalten, wenn der Kultur die "Nahrung", sprich die Ideologie und das Gedankengut dahinter, verloren geht; oder die Missbildungen bei zu schnellem heranwachsen oder der verfrühten Mutterleibstrennung von Organismen.

Im Unterschied zu Organismen entwickeln sich Kulturen aber nicht rein, sondern können non-kulturelle Einflüsse, wie etwa der Politik oder dem temporären Hype einer Menschenmenge durch plötzlich kollektiv auftretendes Gedankengut, erleiden.
Der Einfluss dieser Fremdkörper ist einer solch unautonom entstandenen Kultur nicht unmittelbar abzulesen; erst eine konkrete, präzise Analyse gibt hier Aufschluss über die wahren Zutaten einer solchen Mixtur.

Die Bildungs-Kultur ist der für die Einverleibung der Kollektiv-Kultur eines Standes hauptverantwortliche Wertegeber. Angefangen mit der σχολή der Griechen, die erstmalig das Konzept einer Schule, wie wir sie in der heutigen westlichen Zivilisation etabliert sehen, erdachten, erleichterte es diese Institution nun von Generation zu Generation, autonome Kulturen durch und mithilfe non-Kultureller Zutaten zu würzen. Während der noch frühen Entwicklungsphase eines Organismus eines Individuums lassen sich am leichtesten Wertevorstellungen der aktuell gültigen Kultur einimpfen.

An der Stelle, an der die Kultur eines Menschen sich nicht mehr Autonom, sondern durch äussere Einflüsse, gestaltet, beginnt die Züchtung des Menschen und damit die Kunst der Kultur.

Es kann nun mit verschiedenen Kulturformen gespielt werden; es kann probiert werden, wie kompatibel sich diese kulturelle Vorstellung mit jener darstellt. Es können auch Abarten und Perverse Kulturzustände, die glücklicherweise aber auch schnell aussterben, ausprobiert werden. Die Leitung dieser Szenen, übernehmen die politisch mächtigsten Teilnehmer der Szenerie des Lebens; sprichwörtlich die oberen Zehntausend. Dies sind die eigentlichen Künstler und Autoren des Menschen-Getummels.

Die Revolution, die ein solches Konzept verändern könnte, ist utopisch und nahezu ausgeschlossen, da das menschliche Kollektiv, ich nenne es mal, die Menschheit, in sich trägt, so mit ihren einzelnen Individuuen zu widerfahren. So wie auch in allen Tierordnungen hat hier ein Mensch, auch trotz seiner Individualität stets einen kulturdienlichen Zweck. Desweiteren sind die politischen Institutionen durch viele Sicherheitsvorkehrungen vor einer solchen Revolution geschützt. Die Masse wird geradezu narkotisiert, so das sie weiterhin als belustigende Puppen auf der Bühne tanzen können, ohne von der Bühne zu springen.

Das sich von diesen Leinen losmachende Individuum wird doch zunächst nicht auch zum Künstler, sondern zum Zuschauer. Schon alleine dieses Exemplar von Mensch ist ein seltenes, beachtenswertes Geschöpf. Aber erst derjenige, der aus sich selbst seine Moral -und Wertevorstellung schöpft, wird zum Künstler einer neuen, eigenen Kultur, die sich fortan als sein Produkt, seine Geschichte und sein Wahn, in der Welt etablieren darf.

*1 Fußnote: Das es praktischer ist, mit Besteck zu essen, kam als Nebeneffekt und Konsequenz der Kochkunst, die erstmalig feste Nahrung mit Flüssigkeiten mischte.

5 Kommentare:

  1. Könnte die Möglichkeit bestehen ,dass du in Absatz Nr.2 ,unter anderem ,die derzeitige Phase der nationalen Euphorie aufgrund der sogenannten Fußball-EM meinst?

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  2. Nein, die Flaggen die erbärmlicherweise aus jedem zweiten Auto und jedem dritten Fenster wehen sind kein Symbol von Nationalität oder Identität sondern ein Symbol der Dummheit und Gehaltslosigkeit der Köpfe von Menschen.

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  3. ...sie bilden symbolisch eine Nationalität ab und demonstrieren die Identifikation mit einer repräsentativen Gruppe von 11 Menschen - neutral betrachtet. "Gehaltlosigkeit" stimme ich dir zu, "Dummheit" wäre zu stereotypisierend und würde eher dir eine undifferenzierte Perspektive unterstellen

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  4. hahahahaa sport ist mord hahahaha jahaha ,soo gut ne!

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