RB5: Remagen

Dieser Reisebericht ist zur Abwechslung mal in falscher Reihenfolge
geschrieben:

Von der Sonne, die durch unser Zelt schien, geweckt, badeten wir uns mit
Seife und Shampoo im Rhein. Es war noch dunkel, und da das Wasser, im
Gegensatz zur kühlen Aussenluft, noch vom Vortag erwärmt war, sah man
Nebelschwaden über dem Wasser schweben. Frachtschiffe transportierten
ihre Last schon Rhein auf- und abwärts:



Nach der frühen Morgenwäsche flüchteten wir schnell zurück ins warme Zelt, und warteten,
bis die langsam am Horizont erscheinende Sonne unser Zelt und unsere herumliegende
Ausrüstung trocknen und wärmen würde.

Am Vortag hatten wir unser Zelt parallel zum Rhein-Wander-weg,
ein Stück tiefer Rheinwärts aufgeschlagen. Nach dem Abendbrot legten
wir uns in der Dämmerung schlafen. Des Nachts ist es kühl geworden, und
wir haben uns aneinander gekuschelt, um uns gegenseitig Wärme zu spenden.

Wir befinden uns 4 Kilometer vor Remagen. Da es Sonntag ist, haben wir
auch heute kein weiteres Tagesziel, als Paul in Remagen zu besuchen.
Am Montag früh wird es dann, gutes Wetter vorrausgesetzt, weiter in
Richtung Koblenz gehen.

Die Halfpipe-Session in Bonn konnte noch stattfinden. Bis auf den Axle-Stall war
aber nicht viel drin:


Nach dem Frühstück packten wir unser Gepäck ein, und besuchten erneut das Bonner
Zentrum. Da es die gesamte Nacht andauernd in Straßen geregnet hatte, und wir unser
Gepäck sehr unintelligenterweise draussen gelassen hatten, waren nahezu alle unsere
Kleidungsstücke nass. Also suchten wir einen Wasch-Salon und trockneten dort
unsere Wäsche. Parallel dazu haben wir am McDonalds, dieser fürchterlichen
Institution, Strom geklaut. Es ist mir zwar immer wieder eine Überwindung,
an diesen Menschen-Zombies vorbei zum Tisch mit der Steckdose zu gehen, und
mich bei der fürchterlichen Amerikanischen Trend-Musik dort hin zu setzen;
aber momentan ist es die bequemste Art, an Strom zu kommen.

Auf dem Rückweg sind wir dann noch an der Halfpipe vorbei gefahren. Wir
haben hier schon einige Skater vom weiten herumrollen sehen können. Mit der
Intention, nur mal "kurz" auf gerade fast fertig getrockneten Rampe zu
skaten, um die letzten 2 Tage nicht umsonst gewartet zu haben, blieb ich dann
doch noch mehrere Stunden hier.

Zur Abendstunde dann machten wir uns dann auf dem Weg Richtung Remagen.

Mit dem mittlerweile also perfekt abgestimmten Reisedesign, und der langsam
einkehrenden erneuten Gewöhnung ans Vagabunden-Leben, steht also eine
erfolgreiche Weiterreise nichts mehr im Wege. Der einzig interessanten
Knackpunkte sind in meinen Augen nur noch der herannahende Winter, und unser
Verhalten, wenn die finanziellen Reserven aus sind.

Bei aktueller, gemütlicher Reisegeschwindigkeit werden wir Ende November
Paris erreichen. Ich hoffe, ich verkalkuliere mich da mit dem bergigen
Gelände nicht; spätestens in der Mitte Dezember sollten wir aber dort sein.
Das ist auch in etwa die Zeit, wo das Rad-wandern aufgrund
der kalten Aussentemperatur unangenehm wird. Geplant ist es, den Winter über
dann in Paris zu bleiben. Hier gibt es, wie ich vom Hörensagen informiert
wurde, noch viele leerstehende Häuser, von denen man sich eines reservieren
könnte. Auch wären gute Winter-Daunen-Partnerschlafsäcke vielleicht noch
eine mögliche, sinnvolle Investition, da wir momentan "nur" mit
Sommerschlafsäcken in der Preiskategorie 20€ unterwegs sind. Ausserdem gibt
es Möglichkeiten, das Zelt, sowie die Schlafsäcke von innen zu heizen.

Unser Benzin-Kocher erweist sich, nachdem er mit richtigen Tankstellenbenzin
befüllt wird, nämlich als sparsamer, aber extremst kräftiger Energie- und
Wärmespender. Mit einem Liter Benzin kocht er Stundenlang auf stärkster
Stufe - eine Stufe, die einen Liter Wasser mit Deckel innerhalb 4 Minuten
erhitzt.

Der nächste Punkt wären unsere Finanzen.

Zwar sind unsere Ersparnisse bis dahin noch nicht vernichtet; aber es wäre
vielleicht sinnvoll, sich trotz der sprachlichen Barriere dann in Paris
um einen kleinen Nebenverdienst zu bemühen; mit einer (hier in Deutschland)
bisherigen durchschnittlich täglichen Ausgabe von 6€ pro Person, bei 1€
Einnahmen durch Glück und Pfand, wären unsere Rücklagen dann natürlich
schnell erschöpft.

Elli hat sich übrigens als gute Fotografin, sowohl, was Naturbilder, als
auch Skatefotos angeht, erwiesen. Ein gutes Timing, und gute Ideen für
Perspektiven, sorgen für schöne Bilder. In Koblenz wollen wir ihr dann
einige Kontaktlinsen kaufen, etwa 30 Stück, die dann für die restliche
Europa-Reisezeit ausreichen sollen.

Mir bereits bekannt war die Reaktion von Aussenstehenden, die uns auf unser
Reisegepäck und unsere Reiseroute ansprachen. Abhängig davon, wie sehr man
an einer Konversation mit der entsprechenden Person interessiert ist,
antwortet man dann entweder "bis Heidelberg", "bis Paris", "durch Europa",
oder "durch die ganze Welt". Abhängig von dieser Gradation wird dann
das Interesse des gegen・ers ausfallen. Den Radtouristen-Omis und Opis wird
also nur der kurze, zweiwöchige Trip nach Heidelberg offenbart, den
interessanteren Personen die ganze Geschichte erzählt.

Ich kann aber auch nicht leugnen, das mir die Nützlichkeit der entsprechenden
Person nicht auch ein wichtiges Element bei der Beurteilung, welche Antwort
gegeben wird, ist. Wittere ich einen Schlafplatz, dann formuliere ich
meine Antwort schon eher in die Richtung, das ich Vagabund, und Nomade, und
ein von der gesellschaft abgekapselt lebender Mensch bin, der doch obdachlos
ist und täglich auf der Stra゚e schläft. So erweicht man dann vollautomatisch
sein Gegenüber zu einer freundlichen Einladung.

So wie es dazu gehört, niemals und ohne Ausnahme Müll zu hinterlassen; weder
in Wäldern, noch in Städten, so ist es ebenfalls selbstverständlich, niemals
ausbeuterisch der Person gegenüberzustehen. Mit stets dankbarem und demütigen
Pathos werden Geschenke, wie Übernachtungen, eine Dusche oder etwas zu essen,
entgegen genommen. Letztes Beispiel war hier Zygi, dem wir einige nützliche
Überbleibsel, die wir nicht mehr benötigten, leider anstatt einer
ordentlichen Verabschiedung, hinterliessen.

Der also letzte, dritte, interessante Punkt, nachdem der erste der Winter,
und der zweite unsere Finanzen waren, wäre nun also
die Sprachbarriere, da weder ich noch Elli auch nur ein Wort
Französich sprechen. Vorallem interessiert mich, ob das Vorurteil, das gerade
Franzosen so Stolz auf ihre Sprache sind, und nicht-französisch sprechende
Menschen benachteiligen, bewahrheitet. Da wir aber den Winter über in
Paris bleiben, wird es kaum ausbleiben, das wir bruchstückhaft Französisch
lernen.

Zuletzt liefere ich noch ein detailliertes Foto der Lösung, die ich mir bezüglich Ellis
Gepäck überlegt habe. Das sieht zwar nicht stabil aus, hält aber Prima:



Momentan sitze ich bei Paul. Wir werden uns gleich Remagen detaillierter anschauen.

Und denkt immer dran:

6 Kommentare:

  1. Ich find's schön zu wissen dass es euch gut geht.
    Auch schön ist, dass ihr gut voran zu kommen scheint und es noch Freude bereitet.

    Hier in Leipzig ist das Wetter wechselhaft und nervig.
    Langsam bricht der Winter an und die Tage werden kürzer.

    Ich hoffe sehr, dass ihr geeignete Schlafplätze findet und nicht erfriert ;)

    Außerdem grüße ich meine geliebte Elli und möchte, dass sie sich gedrückt fühlt.

    David: Dich drück' ich natürlich auch - fast schon brüderlich - oder so?

    Na wie auch immer.
    Passt gut auf euch auf und lasst euch keine sinnlosen Dinge aufschwatzen. ;)

    Ihr wisst, die Finanzen sind begrenzt!

    Zum Schluss:
    Irren ist menschlich und Welterklärungsexzesse kosten nur sinnlos Kraft.

    Ich liebe und grüße euch.

    Der Rest des K112Teams lässt euch,im Übrigen, auch ganz lieb grüßen.

    Alles Gute wünschen,

    Maria und Rest der K112.

    Signatur:
    Warum fressen Rehe eigentlich diese dummen Fliegenpilze?

    Jetzt leben wir, vergesst alles was war, zählt von 1 bis 2 und die Zukunft ist da.

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  2. David, kurzer formaler Hinweis: Unter "Herberts Weltbild" steht Tippfehler "uns" statt "und".
    "Positivismus" ist eine philosophische Richtung, die nur das Gegebene, Tatsächliche und die empirische Erfahrung als Erkenntnisgrundlagen gelten lässt - ich schätze das ist es nicht, was ihr mit auf die Reise genommen habt ; )Ich schätze du hast nach einem wenig-populären Synonym für "Optimismus" gesucht ? Nimm doch z.B. "Zuversichtlichkeit".

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    my blog post; lehman brothers international

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