Als ich im November 2006 den Text "Über meinen Narzissmus" schrieb, bin ich gerade seit 16 Tagen 22 Jahre alt gewesen. Wenn ich nun fast 2 Jahre später diesen Text lese, erkenne ich mich dadrin wieder, als jemanden, der etwas zu sagen hat; der es aber nicht in reiner und und unabhängiger Art und Weise auszudrücken weiss. Konkret, hier schreibt ein Narzisst, der durch die Erklärung, warum er Narzisst ist, auch weiterhin durch seine Leser Bewunderung und Anerkennung gewinnen möchte. Der Text ist ein Narzissmus-Häppchen.
Mittlerweile kenne ich die Ursachen für meine leicht narzisstische Persönlichkeitsentwicklung besser. Diese dort gemachten Aussagen über meinen Narzissmus waren nicht falsch, sondern nur mit Befangenheit von narzisstischen Motiven formuliert. Zwar macht der Beginn des Textes meine Befürwortung solcher Eigenschaften deutlich und generell klar. Verfälscht und unrein wird der Text aber, sobald ich auf die narzisstischen Eigenschaften meiner eigenen Persönlichkeit komme.
Ich nehme nun dies als Vorraussetzung, um einige Bemerkungen, warum ich mich in das Schicksal, der Anstrengung und den Gefahren einer Weltreise mit dem Fahrrad begebe, zu machen.
Glücklich zu sein ist schwierig, da Schopenhauers Formel, das das Glück negativer Art ist, also Glück immer nur eine Übergangsperiode bis zur nächsten Periode der Langeweile oder des Unglücks ist - Langeweile und Unglück somit das positive, stets vorhandene, darstellt, in meinem Weltbild zutrifft. Im Gegensatz zu Schopenhauer ziehe ich jedoch aus dieser Feststellung nicht die Konsequenz, das der Welt ein pessimistisch zu bewertendes Prinzip zu Grunde läge.
Ich mische nun eine weitere, gut bekannte philosophische Formel eines anderen, ähnlichen, bekannten Philosophen dazu, um meinen Standpunkt darzustellen.
Nietzsches Prinzip des Willens zur Macht waltet in Organisationsformen niedrigster Instanz, wie dem menschlichen Phänomen, mitsamt Körper und Geist, aber auch in höherer Potenzierung, wie in staatlichen Organisationen und Kulturen. Die hier in unseren Breitengrade etablierte westliche Kultur hat es sich nun als Ziel und Resultat gesetzt, einen Organismus zu züchten, dessen innere Motivation die Kontrolle ihrer Teilnehmer ist, denen die Freiheit und Mündigkeit genommen wird. Als Gegenleistung bekommen die "Individuen" (die ihren Namen nicht mehr verdienen) dafür eine Erlösung aus dem Prinzip des Lebenspessimismus, durch Methoden wie die verherrlichung der Arbeitswilligkeit oder dem schüren von gegenseitigen Neid auf den Besitz des nächsten. Das ist kein Wille zur Macht, sondern aller höchstens Wille zum Leben.
Wahrscheinlich ist dieses Ordnungsprinzip nur das Resultat eines intelligiblen waltenden Ordnungsinstinktes; aber es ist hier nicht die Stelle für mich, darüber Theorien aufzustellen.
Fest steht in meinen Augen, das es so ist.
Nun schliesst sich der Bogen mit der Einleitung; denn was ich nun mehr über die Entwicklung meines Narzissmus weiss, als ich es früher wusste, ist, das er eben nicht nur eine herkömmliche Reaktion auf meine Kindheitsmarterungen in der Hauptschule, dem sozialen Ausstoß aufgrund der Andersartigkeit, meine mangelnde Liebe und Interesse an Menschen in der Jugend aufgrund meines frühen Computer-Wahns, oder irgendwelchen ähnlichen wertlosen Belanglosigkeiten ist, sondern er ist das, was ich im Text "über meinen Narzissmus" noch fälschlicherweise als Patriotismus dargestellt habe, - nämlich Rebellion.
Es wurzelte in mir meine eigene, private Vorstellung von Werten und Moralischen Handlungsweisen. Früh erkannte ich das barbarische und unnatürliche und jenseits aller Vernunft wirkende des kapitalistischen Geldsystems; Seit nahm ich den Irrsinn Geld, und dem gesamten Finanziellen und Psychologischen Zubehör, der damit verknüpft ist, wie Ruhm, oder Kleidung, oder Prunk nicht mehr ernst. Ich erkannte die Oberflächlichkeiten menschlicher Gestiken und Mimiken im Alltag; seit dem war mir die Öffentlichkeit egal. In etwa an dieser Stelle entwickelte sich auch die bei mir niedrig vorhandene Scham. Denn wovor sollte man sich schämen, wenn man nicht man selbst ist, und keine Instanz verkörpert. Es entwickelte sich meine Widersprüchlichkeit, die den mich besser kennenden Menschen in meinem Freundeskreis im laufe der letzten Jahre aufgefallen ist. Ich gehe so weit, sogar zu behaupten, das meine Variante der Faulheit, daraus resultiert, das mir das Material an Dingen, an denen ich Ernsthaft tätig sein konnte, fehlte. Man kann sagen, meine Vorstellung von Macht konnte in dieser Welt nicht wurzeln.
Während meiner Deutschland-Reise entwickelte sich nun wunderlicherweise etwas, was ich bisher immer als die "schönste Zeit in meinem Leben" titulierte, nämlich, das ich Ansatzweise, nur ganz Rudimentär, einige meiner wahren Wertevorstellungen in mir aufblühen sah. Das war ein Moment, an dem ich wahrhaft positiv besetztes Glück empfand; mein Wille zur Macht fühlte sich das erste mal gestreichelt; mein intelligibles Inneres hatte da erste mal eine Bestätigung. Wenn ich sage, ich bin ein Freiheitsliebender Mensch, dann meine ich damit nicht, das ich in Freiheit leben will, sondern das ich die Freiheit haben will, meinen intelligiblen Anforderungen an mich und der Aussenwelt nachzukommen. Da nun, warum auch immer das so sein mag, meine intelligiblen Vorstellungen verhältnismäßig stark von der Norm abweichen, fiel mir das immer besonders schwierig, und ich musste schwierige, unverständliche Methoden anwenden, um es durchzusetzen. Im Auftakt zur Weltreise nun wiederrum, bin ich höchst motiviert, herzrasend vor Glücklichkeit und wahrer Freude.
Denn es gibt mehrere Aspekte, die mich hoffen lassen, das ich meine intelligiblen Vorstellungen nun mehr als nur Streicheln werde. Ich habe einen Reisepartner, mit dem ich mich austauschen kann, der mich ergänzt. Aber trotzdem keine Verpflichtung; wenn das freundschaftliche Verhältnis auslaufen sollte, dann ist es traurigerweise so, und ich bin zum Alleine sein bestimmt. Meine bisherigen Hochschätzungen lassen mich aber auf eine Zweisamkeit tippen. Ich habe keinen Zeitpunkt, zu dem ich zurückkehre, oder Fertig sein muss. Das gesamte Lebensgefühl wird umgestellt, es gibt kein absehbares Ende. Mein Druck, meine sozialen Bindungen und Pflichten, mein Gewissen ist beruhigt - denn die Anzahl wahrer Freundschaften, die ich hier in meiner 23 jährigen Sesshaftigkeit machte, ist schwindend gering. Damit ist der Verlust zu verschmerzen und ich bitte jede(n) Betroffenen hier seine/ihre Trauer durch Verständnis meiner Motive zu besänftigen.
Weiterhin bin ich mir stärker als je zuvor über meine Motive im klaren, und es ist nun nicht mehr, wie ich anfänglich mal behauptete, ein "Selbstfindungstrip". Es ist auch, wie einige meiner Freunde behaupten, keine Tat um irgendwelche Anerkennung oder Ruhm oder Befriedigung meines Narzissmus zu erlangen. Es ist ein selbst-autonome Tat.
Was mir auch diesmal noch fehlen wird, ist die finanzielle Unabhängigkeit. Ich gehe aber davon aus, das ich dafür kämpfe, falls ich mich irgendwann entscheiden sollte, genug gereist zu sein, und mich nieder zu lassen.
Alles im allen, trotz aller guten und schlechten Stimmen die ich zu diesem Unterfangen höre, habe ich noch immer, lückenlos, das Gefühl, etwas richtiges zu tun.
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